Netzhautablösungen werden häufiger – und warum wir darüber sprechen müssen

Netzhautablösung – von 1:10.000 zu 1:2.500

Früher hieß es, eine Netzhautablösung sei eine seltene Erkrankung – etwa 1 von 10.000 Menschen pro Jahr.
Diese Zahl hat sich tief eingeprägt.
Doch sie stimmt längst nicht mehr.

Neue Studien zeigen: Die Zahl der Betroffenen ist in den letzten zwei Jahrzehnten deutlich gestiegen.
In Deutschland liegt die Häufigkeit inzwischen bei 20 bis 40 Fällen pro 100.000 Einwohner und Jahr,
also mittlerweile bei bis zu 1 : 2.500 – das entspricht rund 20.000 bis 30.000 neuen Fällen jährlich.

Am häufigsten betroffen sind:

  • Menschen mit starker Kurzsichtigkeit (Myopie),
  • Personen über 50 Jahre,
  • sowie Patientinnen und Patienten nach einer Operation am Grauen Star (Katarakt).

Fachleute sehen mehrere Gründe für diesen Trend:

  • die Zunahme von Kurzsichtigkeit in allen Altersgruppen,
  • eine älter werdende Bevölkerung,
  • und bessere Diagnostik – viele Ablösungen werden heute früher erkannt als früher.

Von 1:10.000 zu 1:2.500 – was das wirklich bedeutet

Auf den ersten Blick klingen beide Zahlen klein.
Aber der Unterschied ist das Vierfache.

Stell dir eine Stadt mit 100.000 Einwohnern vor – zum Beispiel Weimar:

  • Früher rechnete man dort mit einem einzigen Fall pro Jahr.
  • Heute wissen wir: Es sind 20 bis 40 Menschen jährlich.

In einer Großstadt wie Leipzig oder München bedeutet das mehrere Hundert neue Patienten jedes Jahr.

Ich finde diese Zahlen absolut alarmierend und frage mich, ob unser Gesundheitssystem das Auffangen kann.

Was früher als selten galt, ist heute ein ernstzunehmendes Risiko – und das bei einer Krankheit, die oft still beginnt und unterschätzt wird.

Warum das so wichtig ist

Eine Netzhautablösung ist immer ein Augennotfall.
Sie entscheidet oft über den Erhalt oder Verlust der Sehkraft.
Mehr Fälle bedeuten also: mehr Notfälle, mehr Operationen – und auch mehr Angst.

Gerade deshalb ist Aufklärung so entscheidend.
Denn wer die Warnzeichen kennt, kann früh reagieren:
✨ Lichtblitze,
✨ schwarze Punkte oder „Rußregen“,
✨ Schatten oder ein „Vorhang“ im Blickfeld.

Solche Symptome sollten sofort in einer Augenklinik abgeklärt werden – jede Stunde zählt.

Was wir tun können

  • Regelmäßige Netzhautkontrollen, besonders bei Kurzsichtigkeit oder nach einer Augenoperation.
  • Achtsamkeit im Alltag: Veränderungen im Sehen nicht verdrängen.
  • Gesunde Gewohnheiten: Bewegung, Tageslicht, ausgewogene Ernährung unterstützen die Durchblutung der Netzhaut.
  • Information teilen: Je mehr Menschen die Warnzeichen kennen, desto eher kann Sehkraft erhalten bleibt.

📚 Aktuelle Studien zur Häufigkeit der Netzhautablösung

Deutschland (2005–2021)

Meyer LM, Joussen AM, et al. (2024):
“The rising tide of rhegmatogenous retinal detachment in Germany: A population-based analysis from 2005 to 2021.”
Graefe’s Archive for Clinical and Experimental Ophthalmology, 262(5), 1407–1419.
DOI: 10.1007/s00417-024-06392-2
→ Inzidenzanstieg von 15,6 → 24,8 Fälle pro 100.000 (2005–2021),
+4 %/Jahr (Männer), +2,6 %/Jahr (Frauen),
größere Zunahme bei älteren Menschen und nach Katarakt-OP.

DOI: 10.1007/s00417-024-06392-2
Springer Link – Artikel anzeigen

Europa (Meta-Analyse)
Mitry D, Charteris DG, Yorston D, et al. (2010):
“The epidemiology and socioeconomic associations of retinal detachment: a systematic review and meta-analysis.”
Ophthalmologica, 224(3), 135–143.
DOI: 10.1159/000314847
→ Durchschnittliche Inzidenz: ca. 13,3 Fälle pro 100.000/Jahr,
deutlicher Anstieg mit zunehmendem Alter und Myopiehäufigkeit.

DOI: 10.1159/000314847
 Karger Verlag – Artikel anzeigen

Globaler Trend (Systematische Übersichtsarbeit)

Gao X, Song W, et al. (2023):
“Global incidence and temporal trends of rhegmatogenous retinal detachment: a systematic review and meta-analysis.”
Eye (Nature Publishing Group), 38, 1427–1437.
DOI: 10.1038/s41433-023-02877-9
→ Durchschnitt weltweit: 12,17 Fälle pro 100.000/Jahr,
Zunahme um etwa +5,4 Fälle pro 100.000 pro Dekade.

DOI: 10.1038/s41433-023-02877-9
Nature – Artikel anzeigen

Polen (Beispielhafte europäische Vergleichsstudie)
Mlynarczyk M, Grabarek BO, et al. (2023):
“First Nation-Wide Study of the Incidence and Characteristics of Retinal Detachment in Poland, 2013–2019.”
Journal of Clinical Medicine, 12(4), 1461.
DOI: 10.3390/jcm12041461
→ Gesamtinzidenz aller Netzhautablösungen: 32,6 / 100.000,
RRD-Anteil: 13,7 / 100.000,
zeigt europäische Spannweite je nach Gesundheitssystem und Erfassung.

DOI: 10.3390/jcm12041461
MDPI – Artikel anzeigen

Fazit

Netzhautablösungen sind seltener als viele andere Augenerkrankungen,
aber häufiger, als wir lange geglaubt haben. Und die Zahlen werden weiter steigen.

Je mehr Menschen über die Warnzeichen Bescheid wissen,
desto mehr Augenlicht können wir gemeinsam bewahren

Deswegen – teilt den Beitrag und erzählt eure Geschichten.
Sie können Augenlicht retten. 

📬 Flyer zur Netzhautaufklärung könnt ihr kostenlos bei mir bestellen –
für Praxen, Kliniken, Selbsthilfegruppen oder einfach zum Weitergeben. 

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