Der Wendepunkt: „Es reicht“
Der Wendepunkt kam in einer schlaflosen Nacht. Wieder einmal lag ich wach, von Ängsten zerrissen, und dachte: „Es reicht.“
Diese kleinen, knappen Worte und der Wille dazu veränderten alles.
Ich beschloss, dass die Angst nicht länger mein Leben kontrollieren sollte. Zu oft hatte ich mir eingeredet, stark sein zu müssen, aber an diesem Morgen wusste ich: Das Alte hat mich nicht stark gemacht, es hat mich müde gemacht und ausgelaugt.
Meine neue Regel: Angst darf sein, aber im Krankenhaus
Ich schuf mir eine seltsame Regel: Die Angst ist erlaubt – aber nur im Krankenhausbett, auf dem Weg in den OP. Sobald ich dort sitze, darf ich zittern, weinen und die Angst zulassen. Leider war das für das OP- Team oft ziemlich befremdlich und unschön.
Doch draußen, in meinem Alltag, in meinem Zuhause, da dulde ich sie nicht. Ich atme bewusst durch, strecke mich und sage mir: „Du darfst Angst haben, aber du entscheidest, wann und wo.“ Ich blieb also Meisterin im Verdrängen.
Rückblick: Verdrängung mit Kosten
Rückblickend erkenne ich: Ja, Verdrängung hat funktioniert, aber sie hat so unglaublich viel Kraft gekostet. Dieses Ignorieren meiner Gefühle hat mich nicht geheilt – im Gegenteil, es hat immer tiefer gegraben. Die Angst blieb leise in meinem Hinterkopf präsent und hat mich heimlich gestresst.
Oft waren die psychischen Auswirkungen schlimmer als die körperliche Erkrankung. Während mein Auge sich heilte, spannte sich irgendwo in meiner Brust ein ständiges Unwohlsein.
Ich war immer müde, traurig ohne erkennbaren Grund, gereizt, unzufrieden, und habe oft versucht mit ungesunden Strategien dagegen anzugehen. Ich habe im Außen die Lösung gesucht, statt zu erkennen, dass das Problem in mir selbst war.
Ein neuer Rückschlag: Sekundärglaukom
Nach Jahren der relativen Stabilität ereilte mich ein weiteres Ereignis: das Sekundärglaukom durch das Silikonöl. Plötzlich war sie wieder da, diese Angst, und sofort griff ich wieder zur alten Strategie: Ich versuchte zu verdrängen. „Nicht schon wieder“, dachte ich, ich ertrage das jetzt nicht auch noch. Ich wollte nicht noch einmal durch die ganze Geschichte von Operationen, Schmerzen, Angst und Hoffnung.
Die Augentropfen zum Druck senken vertrug ich nicht, also folgten Operationen, bis hin zu einem Implantat im Auge, welches den Druck regulieren sollte. Alles erfolglos, ich war austherapiert.
Was man im Leben will, und was passiert, ist nicht immer das Gleiche. Also ging ich in den erneuten Kampf mit oder besser gegen die Krankheit, gegen meine Gefühle, gegen mich selbst.
Heute weiß ich, dass Stress und Leid dadurch entstehen, wenn die Vorstellung vom Leben, wie es sein sollte, und dem, wie es ist, auseinanderklaffen.
Nachts ist oft die Zeit, wenn die Gedanken hochkommen und wir uns nicht so einfach ablenken können, und so suchte ich nach Behandlungsalternativen, um mein Augenlicht zu retten. Und ich fand – eine Studie der Uni Magdeburg über Mediation und Glaukom.
Zum Glück ist das Leben ein Fluss, eine immerwährende Weiterentwicklung der eigenen Geschichte. Manchmal muss man nicht suchen, um zu finden. Sondern die richtigen Dinge finden dich zur Richtigen Zeit. So ist es oft mit Büchern. Oder Zitaten. Inspizierenden Menschen, Seelen- und Herzensmenschen, Geschichten, Podcasts.
Ich fand zur Meditation und Achtsamkeit. Das hat mein Leben grundlegend verändert.
Darüber berichte ich Euch im nächsten Blog.